Am 9. November stand wieder ein Grenzübergang an, bei dem wir noch eine zusätzliche Mission zu erfüllen hatten. Die Spanierin, mit der wir unseren ersten Abend in Kratie in Kambodscha verbracht hatten, kontaktierte uns einen Tag später über Instagram. Sie hatte ebenfalls den Grenzübergang nach Laos gemacht und dabei ihre Trinkflasche im Restaurant kurz vor der Grenze stehen lassen. Ihre Theorie: Es wird ohnehin immer die gleiche Strecke mit den gleichen Stops gefahren – wir könnten versuchen, die Flasche für sie einzusammeln und ihr diese dann auf Don Det, unserem ersten Ziel in Laos, übergeben.
Am späten Vormittag ging es also los mit dem Minivan. Der war noch einigermaßen komfortabel, auch wenn das die schlechten Straßenverhältnisse wenig ausglich. In der Stadt Stung Treng wurden wir dann inmitten einer Wohnsiedlung abgesetzt und sollten wohl den Van wechseln. Der Fahrer war nur noch nicht ganz bereit und lief mit Handtuch bekleidet durch seine Wohnung, während er Zähne putzte. Das Ganze war von der Straße aus gut einzusehen. Nach einer guten halben Stunde Wartezeit fand er dann seine Motivation und wir stiegen in einen komplett abgeranzten Van, alleine. Es ging zu dem besagten Café, wo die Spanierin ihre Trinkflasche hatte stehen lassen. Mithilfe eines Fotos bekamen wir diese dort auch tatsächlich ausgehändigt, Mission erfüllt. Wir nahmen dort noch ein Frühstück zu uns und tauschten etwas Geld um in laotische Kip, um ab der Grenze nicht komplett mittellos dazustehen. Geldautomaten haben in Laos nämlich nicht den zuverlässigsten Ruf, auf Don Det sollte es erst gar keinen geben, ebenso wenig wie Geräte für Kartenzahlung.
Die Fahrt von Stung Treng bis zur Grenze war abenteuerlich, da wir teilweise regelrecht von den Sitzen abhoben aufgrund der zahlreichen Schlaglöcher und des waghalsigen Fahrstils. Dann wurden wir vor dem Grenzgebäude abgesetzt und wollten vom Fahrer wissen, ob er uns nach der Kontrolle auf der anderen Seite wieder einsammelt oder wie das weitere Vorgehen sein sollte. Diese Kommunikation scheiterte kläglich und als wir unsere Rucksäcke für die Ausreise aus Kambodscha schulterten, hatten wir keine Ahnung, ob und wie es auf der anderen Seite weitergehen würde. Die Ausreise auf kambodschanischer Seite war dann unspektakulär. Wir mussten kein Schmiergeld zahlen, um den Stempel zu erhalten, die Grenzbeamten waren nur äußerst unfreundlich, aber das ist ja in vielen Ländern der Fall. Dann ging es wieder zu Fuß durch Niemandsland zwischen Kambodscha und Laos, weit und breit keine anderen Menschen zu sehen, nur Wasserbüffel, die aus dem Gebüsch grummelten. An der Grenze zu Laos wurde dann nicht einmal ein Hehl daraus gemacht, dass sie hier mehr für das Visum kassieren, als von offizieller Seite angegeben. Ein Schild aus Papier eingeklebt hinter die Scheibe bei den Grenzbeamten ließ wenig Raum für Diskussion: 40 USD p.P., nicht 30 USD wie man online liest. Wir mussten einen Fragebogen ausfüllen und wiederum ein Passbild abgeben. Dann noch 2 USD Stempelgebühr oben drauf und wir waren bereit. Wir erstanden dort auch unsere erste SIM Karte und dann kam auch schon ein Herr auf uns zu, der uns offensichtlich weiter fahren würde.
Er setzte uns in Nakasong auf eigenen Wunsch nicht direkt bei den Booten ab, sondern am ATM und hier hatten wir Glück, dass wir einiges an Bargeld bekamen, denn auch unsere Unterkunft auf Don Det würden wir in bar zahlen müssen. Bei den Booten (Nussschale trifft es eigentlich besser) mussten wir dann nur noch kurz auf eine weitere Person warten, bis wir innerhalb von 10 Minuten die Insel Don Det erreichten. Sie ist die bekannteste und touristischste von den 4000 Islands im Mekong.
Unser Gastgeber hatte uns zuvor geschrieben, dass wir ihm Bescheid sagen sollen, wenn wir ankommen, er würde uns dann abholen. Gesagt, getan, keine fünf Minuten später stand er mit einem Moped vor uns – der „Hoteltransfer“. Er nahm etwas Gepäck und erst mich mit zur Unterkunft und machte dann eine zweite Tour für den JP. Auf dem Weg erklärte er uns das wichtigste zur Insel: Es gibt die Sunset und die Sunrise Seite, keine Autos, er zeigte die Restaurants, die sich lohnen, und das war es dann eigentlich auch schon. Die Insel war nicht sonderlich groß, aber die entspannte Stimmung wirkte schnell ansteckend. Unser Zimmer war auch super schön, wirkte recht neu und war gut klimatisiert. Wir wohnten quasi direkt am Mekong, hatten eine kleine Terrasse und einen geteilten Garten.
Wir suchten uns ein Restaurant und während wir auf das Essen warteten, machte der JP ein Nickerchen. Die Restaurants waren fast alle mit Kissen und Polstern ausgestattet, die die gewöhnlich lange Wartezeit auf die Mahlzeit etwas erträglicher machten. Nach dem Bratreis und der Nudelsuppe besorgten wir uns noch eine weitere SIM Karte und erkundeten etwas die Insel. Wir trafen auch prompt die Spanierin wieder, deren Trinkflasche wir am Morgen eingesammelt hatten. Wir gönnten uns noch ein Käffchen und genossen später den Sonnenuntergang von unserer Terrasse aus. Zum Abendessen trafen wir uns mit der Spanierin und einer weiteren Reisenden, die sie kennengelernt hatte. Auch ein Deutscher aus unserer Unterkunft gesellte sich etwas später dazu und wir klapperten ein paar Läden zur Happy Hour ab. Wir stellten fest, dass auf jeder Speisekarte, die uns so unterkam, alles auch in der „Happy“ Variante angeboten wurde. Von Pizza über Fruchtsäfte bis hin zu Cocktails konnte alles mit etwas „Happy“ verfeinert werden – zu einem sehr geringen Preis.
Am nächsten Tag gönnten wir uns einen sehr entspannten Vormittag mit Ausschlafen, Yoga, Kaffee und Gesprächen mit unserem Host und unserem deutschen Nachbar. Dann mieteten wir uns Fahrräder, um die Nachbarinsel Don Khon zu erkunden, die über eine Brücke von Don Det aus zu erreichen war. Die Fahrräder waren gut in die Jahre bekommen und One Size. Der JP musste seine Schuhe ausziehen, um nicht permanent mit den Flip Flops den Boden zu rasieren. Nach zehn Minuten tat uns der Hintern weh, aber wir waren ja auch nicht nur zum Wellness unterwegs. Einige Stunden erkundeten wir Wasserfälle, radelten zwischen Reisfeldern und Höfen und genossen einen Mittagssnack am Mekong.
Den folgenden Tag ließen wir auch wieder langsam angehen und organisierten einiges bezüglich Weiterreise, Flügen, Terminen in Deutschland etc. Frühstücken taten wir die meisten Tage im Oi’s Place – Super entspannt, recht günstig, direkt am Mekong und gut gepolstert. Mittags ging es dann zum ersten Mal zu Marco in seine Torture Sandwich Bar. Er ist auch aus Kaltenkirchen und vor einigen Jahren nach Laos ausgewandert. Er ist der Cousin von unserer Freundin Astrid, die uns den Kontakt gegeben hatte. Hier auf Don Det räuchert er selbst Schinken und Würste und macht die geilsten Sandwiches, die wir seit sehr langer Zeit gegessen hatten. Wir schnackten ein wenig und dann machte er kurzerhand die Bude dicht und nahm uns auf seinem Boot mit auf den Mekong. Wir packten ein paar kühle Getränke ein und fuhren dann in den Sonnenuntergang zu Watermelon Island. Die kleine Insel im Mekong heißt so, weil – Überraschung – Wassermelonen dort angebaut werden. Wir unterhielten uns viel über das Inselleben, die interessanten Dynamiken zwischen den zahlreichen Expats und den Einheimischen und Marco freute sich, dass er auch mal wieder deutsche Musik spielen konnte, die nicht nur er verstand. Bevor es zu dunkel wurde, machten wir uns auf den Rückweg. Marco erklärte, dass der Fluss nämlich gerade in der Übergangszeit zwischen Regen- und Trockenzeit seine Tücken hatte, da jede Saison neue Sandbänke entstehen und Steine oder andere Hindernisse an unbekannten Stellen aufwarten.
Den Abend verbrachten wir noch gemeinsam mit ihm und einigen seiner Freunde an einer Bar, deren Besitzer gerade erst auf die Insel zurückgekehrt war. Er hatte noch gar nicht offiziell geöffnet, aber für ein paar Bier reichte es. Wir lernten noch einen anderen Deutschen, eine Niederländerin und Marcos Freundin Hendrike kennen. Später gingen wir noch etwas gemeinsam essen, bevor wir dann zurück in unsere Unterkunft wollten.
Am nächsten Tag gab es auch wieder Sandwiches bei Marco und abends waren wir erneut mit ihm unterwegs. Es ging zur Pre-Opening Party in eine weitere Bar eines anderen Freundes, der bereits bei unserer Ankunft selbst lattenstramm über dem Tresen hing. Er erklärte uns, dass wir beim Läuten der Glocke am Tresen gratis Shots bekämen. Das trauten wir uns einmal und dann nie wieder, da der Whiskey wirklich unerträglich schmeckte. Aber die Geste zählt ja bekanntlich. Ein weiteres Highlight war der Hundewelpe, der aufgeregt durch die Bar stromerte. Wir spielten Billard und unterhielten uns viel mit anderen Gästen.
Unser letzter Tag auf Don Det startete mit meiner ersten Yogastunde, die ich unterrichtete. Die Niederländerin, die wir vor ein paar Tagen kennengelernt hatten, war interessiert und so kam sie gegen 9 Uhr zu uns auf die Terrasse und ich konnte mein Wissen das erste Mal anwenden. Am Anfang der Stunde wurden wir noch von einer ziemlich großen Schlange abgelenkt, die unser Host Darren mit einer Stange quer über den Rasen jagte, aber nicht zu fassen bekam. Gut, dann also tief atmen und einfach die Augen schließen.
Später gab es mal wieder Sandwiches bei Marco und dann machte er den Laden noch etwas früher zu, um uns auf eine etwas längere Tour mit auf den Mekong zu nehmen. Wir trafen auf einer Insel noch Bekannte von Marco, die uns überreden wollten, unseren Aufenthalt noch zu verlängern, um am nächsten Tag wieder mit auf eine Bootstour zu gehen. Aber wir hatten bereits alles gebucht und wollten wirklich langsam weiter, daher mussten wir dankend ablehnen. Abends genehmigten wir uns noch eine Massage und dann bog der JP noch auf ein paar Bier mit Marco ab. Wo? Bei einer weiteren Bar, die gerade frisch eröffnet hatte.
Am nächsten Morgen hieß es dann Sachen packen und ab zum Boot rüber nach Nakasong. Dort warteten wir noch einige Zeit auf den Minivan, der uns nach Pakse bringen würde. In der kommenden Woche standen für uns zwei Motorradloops in Laos an, aber dazu mehr im nächsten Artikel.
NACHRUF
Zwei Tage, nachdem wir Don Det verlassen hatten, bekamen wir von unserem Host Darren eine WhatsApp Nachricht. Es tat ihm leid, uns schlechte Nachrichten überbringen zu müssen. Marco war am Morgen des 15. Novembers tot im Mekong aufgefunden worden. Die Umstände sind bis heute ungeklärt und er wurde einige Wochen später im Rahmen einer buddhistischen Zeremonie in Laos beigesetzt. Ein absoluter Alptraum für die Familie, der unser tiefes Beileid gilt. Obwohl wir Marco erst kurz kannten, war es auch für uns ein riesiger Schock und hat uns wieder vor Augen geführt, dass Morgen alles vorbei sein kann.
Ruhe in Frieden, Marco